Albträume zähmen leicht gemacht

– Andrea Auerswald © 2025
Andrea Auerswald
7. Juni 2025
Wenn die Dunkelheit über den Tag hereinbricht und die Welt in sanfte Stille gehüllt ist, beginnen Kinder ihre Reise in das Reich der Träume...
Wenn die Dunkelheit über den Tag hereinbricht und die Welt in sanfte Stille gehüllt ist,
beginnen Kinder ihre Reise in das Reich der Träume — ein Ort voller Geschichten,
Abenteuer und manchmal auch voller Ängste. Albträume sind in der Kindheit keine
Seltenheit. Sie erscheinen nicht als bloße Störung des Schlafes, sondern als Spiegel der
inneren Erlebnisse und Emotionen. In einer Lebensphase, in der Realität und Fantasie noch
zart ineinanderfließen, sind Albträume für Kinder oftmals ebenso wirklich wie ihre
Erlebnisse am Tag. Gerade deshalb bedürfen sie einer achtsamen und respektvollen
Begleitung.
Was sind Albträume?
Albträume sind intensive, von starken Gefühlen begleitete Träume, die häufig Angst,
Verunsicherung oder Hilflosigkeit hervorrufen. Sie treten meist während der sogenannten
REM-Phasen auf, in denen das Gehirn besonders aktiv ist. Typische Themen kindlicher
Albträume kreisen um Trennung, Verfolgung oder das Erscheinen unheimlicher Figuren.
Diese Traumbilder entspringen häufig einer tiefen Verknüpfung von Emotionen und
Vorstellungskraft.
Im Alter zwischen drei und sieben Jahren prägt das magische Denken die Wahrnehmung
des Kindes: Grenzen zwischen Fantasie und Wirklichkeit erscheinen durchlässig. Was
Erwachsenen oft als irrational erscheint, ist für Kinder erlebte Realität — und genau hierin
liegt die Notwendigkeit behutsamer Begleitung.
Warum träumen Kinder schlecht?
Albträume entstehen nicht zufällig. Sie sind oft Ausdruck innerer Verarbeitung von
Erlebnissen, Veränderungen und Herausforderungen. Neue Lebensabschnitte wie der
Beginn der Kindertagesstätte, Veränderungen im familiären Umfeld oder der Umgang mit
Verlust können kindliche Seelen tief berühren. Auch Einflüsse aus der Medienwelt — Bilder,
Geschichten oder Geräusche — verweben sich im kindlichen Erleben und finden in der
Nacht ihren Widerhall.
Doch Albträume sind nicht ausschließlich Spiegel äußerer Ereignisse. Sie begleiten auch
innere Reifungsprozesse, helfen, Ängste zu formen und Erfahrungen zu sortieren. So
betrachtet, sind sie Teil einer gesunden psychischen Entwicklung.
Wie wirken Albträume auf Kinder?
Wiederkehrende Albträume können das emotionale Gleichgewicht eines Kindes
beeinträchtigen. Einschlafschwierigkeiten, nächtliches Erwachen und die Angst vor dem
Zubettgehen sind nicht seltene Begleiterscheinungen. Langfristig können Albträume das
kindliche Sicherheitsgefühl erschüttern. Gerade in jungen Jahren, in denen Kinder ihr
Urvertrauen aufbauen, ist ein sicherer und behüteter Schlaf von großer Bedeutung.
Wie können Erwachsene unterstützen?
Zunächst bedarf es der bewussten Entscheidung, kindliche Ängste ernst zu nehmen. Was für
Erwachsene ein flüchtiges Traumbild sein mag, ist für ein Kind gelebte Wirklichkeit.
Respekt und Geduld sind hierbei unverzichtbar: Zuhören, ohne zu werten. Annehmen, ohne
zu bagatellisieren.
Hilfreich ist es, dem Kind Raum zu geben, seine Erlebnisse zu erzählen, wenn es dies
möchte. Abendliche Rituale — vertraute Geschichten, ein ruhiges Gespräch, ein sanftes Lied
— können dazu beitragen, Sicherheit zu vermitteln und den Übergang in die Nacht zu
erleichtern.
Oft spenden kleine Symbole Trost: Ein Kuscheltier, das als nächtlicher Beschützer dient, ein
beruhigendes Nachtlicht oder ein gemeinsam gebastelter „Traumfänger“ können dem Kind
helfen, ein Gefühl von Schutz und Kontrolle zu entwickeln.
Wichtig ist es, mit einer Haltung der Beständigkeit und Ruhe zu begegnen. Kinder spüren
die emotionale Verlässlichkeit ihrer Bezugspersonen und schöpfen daraus Kraft und
Vertrauen. Indem Erwachsene dem nächtlichen Erleben mit Gelassenheit begegnen,
vermitteln sie dem Kind, dass seine Gefühle sein dürfen — und dass es darin nicht allein ist.
Albträume als Entwicklungschance
So herausfordernd Albträume auch erscheinen mögen — sie sind Teil eines natürlichen
Reifungsprozesses. Kinder lernen, mit inneren Spannungen umzugehen, indem sie sie
durchleben und, mit Hilfe ihrer Bezugspersonen, bewältigen.
Wer die kindlichen Ängste in der Nacht ernst nimmt, legt damit zugleich ein Fundament für
emotionale Resilienz: die Fähigkeit, mit Herausforderungen umzugehen und gestärkt
daraus hervorzugehen.
Fazit
Albträume gehören zur Kindheit wie das Licht zum Tag und die Dunkelheit zur Nacht. Sie
sind keine Zeichen von Schwäche, sondern Ausdruck lebendiger innerer
Auseinandersetzungen. Kinder, die mit Achtung und liebevoller Zuwendung durch ihre
nächtlichen Ängste begleitet werden, lernen nicht nur, ruhiger zu schlafen — sie lernen,
dem Leben mit Vertrauen zu begegnen.
Literaturhinweise
- Schredl, Michael (2013): Träume und Alpträume bei Kindern und Jugendlichen. Hogrefe.
- Riemann, Fritz (1975): Grundformen der Angst. Rowohlt.
- Siegel, Daniel J. (2016): Das achtsame Gehirn. Arbor Verlag.