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Die Kunst der Achtsamkeit in der Kindheit – Ein Weg zu innerer Stärke

– Andrea Auerswald © 2025

Andrea Auerswald

8. Juni 2025

Wenn die Welt in Eile gerät und ihre Bewegungen zu raschen Pulsschlägen anschwellen, sind es die Kleinsten, die diesen Rhythmus am unmittelbarsten spüren.

Wenn die Welt in Eile gerät und ihre Bewegungen zu raschen Pulsschlägen anschwellen,

sind es die Kleinsten, die diesen Rhythmus am unmittelbarsten spüren. Kinder erleben die

Zeit nicht in Minuten oder Stunden, sondern in Momenten — sie tasten sich durch das Jetzt

mit offenen Sinnen, wie ein Maler seine Leinwand mit Farben füllt.


Doch je mehr die Tage von Geschwindigkeit gezeichnet sind, desto dringlicher wird es,

einen Gegenentwurf zu wagen. Achtsamkeit — das stille Verweilen im gegenwärtigen

Moment — wird zu einer Kunst, die Kinder nicht nur schützt, sondern nährt. Eine Kunst, die

sie lehrt, in sich selbst eine Heimat zu finden, wenn draußen der Wind an den Fenstern

rüttelt.


Was Achtsamkeit in der Kindheit bedeutet

Achtsamkeit ist keine Methode, kein Werkzeug, das sich auf bloße Techniken reduzieren

lässt. Sie ist vielmehr eine Haltung — ein sanftes Schauen, ein bewusstes Lauschen, ein

absichtsloses Dasein.


Für Kinder ist diese Haltung ursprünglich. Sie versinken in ihren Spielen mit einer

Selbstverständlichkeit, die Erwachsene oft nur noch aus der Erinnerung kennen. Ein

Grashalm, ein Käfer, ein Sonnenstrahl auf der Haut — für ein Kind ist dies die ganze Welt.


Doch mit dem Älterwerden schleichen sich die Gesetze der Eile ein. Erwartungen werden zu

stummen Begleitern, Reize überschütten den Tag, und die natürliche Versunkenheit droht

zu verblassen.


Hier setzt Achtsamkeit an: als Einladung, diese Gabe zu bewahren, als sanfte Erinnerung

daran, dass Tiefe und Langsamkeit nicht verloren gehen müssen.


Die Bedeutung der Achtsamkeit für Kinder

Achtsamkeit ist kein bloßes Innehalten — sie ist ein inneres Wachsen. Sie schenkt Kindern

eine Sprache für ihre Gefühle, lehrt sie, den Regen nicht nur zu spüren, sondern ihn bewusst

wahrzunehmen, die Wut nicht nur auszuhalten, sondern ihr einen Namen zu geben.


Wer achtsam lebt, lernt, mit sich selbst Freundschaft zu schließen. Kinder, die diese

Freundschaft früh erfahren, entwickeln innere Stärke — eine Stärke, die nicht auf

Abgrenzung beruht, sondern auf Verbundenheit mit sich selbst und der Welt.

Achtsamkeit eröffnet Räume:


- Räume, in denen Gefühle sein dürfen, ohne bewertet zu werden.

- Räume, in denen Konzentration wachsen kann, wie ein zartes Pflänzchen, genährt von

Stille.

- Räume, in denen Kinder Mitgefühl entwickeln, weil sie gelernt haben, bei sich selbst zu

verweilen.


Und nicht zuletzt ist Achtsamkeit der Boden, auf dem Resilienz wächst — jene stille Kraft,

die es erlaubt, auch bei Gegenwind aufrecht zu bleiben.


Wie Achtsamkeit im Alltag Wurzeln schlägt

Es braucht keine großen Gesten, keine aufwendigen Programme. Achtsamkeit kehrt in

kleinen Momenten ein, in der Kunst, das Alltägliche zu würdigen.


Ein Spaziergang ohne Ziel, nur begleitet vom Rascheln der Blätter.

Ein bewusstes Ein- und Ausatmen, bevor der Tag beginnt.

Ein Lächeln, das nicht eilig ist.

Eine Mahlzeit, die nicht im Vorübergehen, sondern mit allen Sinnen eingenommen wird.


Kinder lehren uns, dass die großen Wunder im Kleinen wohnen. Wenn wir ihnen erlauben,

achtsam zu sein, geben wir ihnen die Freiheit zurück, ihre Welt wieder in vollen Zügen zu

erleben — nicht als Flut von Eindrücken, sondern als symphonisches Gewebe aus

Eindrücken, Gedanken und Gefühlen.


Achtsamkeit als lebenslange Begleiterin

Wer Achtsamkeit früh erfährt, trägt sie wie einen leisen Talisman durchs Leben.

Sie ist keine Flucht aus der Welt, sondern ein Heimkommen zu sich selbst.

In einer Zeit, in der das Außen oft lauter ist als das Innen, schenkt sie Kindern ein inneres

Zuhause — einen Ort der Ruhe, der ihnen selbst gehört, ganz gleich, wie stürmisch die Welt

sich zeigt.


Schlussgedanke

Achtsamkeit in der Kindheit ist ein Geschenk, das sich nicht in Worten bemessen lässt. Es ist

ein Geschenk von Zeit, von Aufmerksamkeit, von wahrer Gegenwärtigkeit.

Es ist ein stilles Versprechen: Du darfst sein. Jetzt. Ganz.


Literaturhinweise

- Kabat-Zinn, Jon (1990): Im Alltag Ruhe finden. Meditationen für ein gelassenes Leben.

- Siegel, Daniel J. (2013): Achtsamkeit und Mitgefühl: Grundlagen einer nachhaltigen

Bildung.

- Gärtner, Kerstin (2018): Achtsamkeit mit Kindern leben: Mit kleinen Ritualen zu innerer

Balance.

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